Vorhergehende Projekte
Elektro- und photochemisches Schalten des Flavoproteins Dodecin und Anwendungen in der Nanotechnolgie
(Kooperation mit Herrn Dr. Martin Grininger und Herrn Prof. Dr.
Dieter Oesterhelt, MPI für Biochemie in Martinsried)
Das riboflavinbindende Protein Dodecin1 von
Halobacterium
salinarum bindet natürliche und artifizielle Flavine im
oxidierten Zustand, Reduktion führt zur Dissoziation des
Holoproteins in Apododecin und freie Flavine. Mit Hilfe von
Dodecin wurde der Elektronentransfer (ET) durch
flavinmodifizierte DNA Monolagen
(Elektrodenoberfläche DNA - Flavin) untersucht. Die
Anbindung und Freisetzung von Dodecin Apoprotein an die
flavinmodifizierten Oberflächen wurde mit
Oberflächenplasmonenresonanzspektroskopie in Abhängigkeit vom
angelegten elektrochemischen Potential gemessen. Es konnte
gezeigt werden, dass die ET Eigenschaften einer DNA Monolage
stark von der zur Herstellung der Monolage verwendeten
Beschichtungsprozedur abhängen. Eine einfache
Beschichtungs-prozedur resultiert in Monolagen mit häufigen
Defekten, durch die ET ermöglicht wird. Dagegen verhält sich
eine hoch geordnete DNA-Monolage mit 20 Basenpaaren als
Isolator. Dies ist von besonderer Bedeutung, da in vielen
Arbeiten, in denen ET durch DNA-Monolagen untersucht wurde,
lediglich eine einzige Beschichtungs-prozedur durchgeführt
wurde. Die hier beschriebene Arbeit wurde in Biointerphases publiziert:
Electrochemical Switching of the Flavoprotein Dodecin at Gold
Surfaces Modified by Flavin-DNA Hybrid Linkers; M. Grininger
and G. Nöll (contributed equally), S. Trawöger, E.-K. Sinner,
and D. Oesterhelt; Biointerphases, 2008, 3, 51-58.
In weiteren Untersuchungen an Dodecin konnte gezeigt werden,
dass die Reduktion des Proteins nicht nur chemisch oder
elektrochemisch, sondern auch photochemisch durch Belichtung
mit Blaulicht in Gegenwart von EDTA erreicht werden kann. Im
Gegensatz zu den oben beschriebenen Versuchen, bei denen die
Flavinliganden an eine Goldoberfläche angebunden waren, wurde
die photochemische Reduktion von Dodecin in Lösung untersucht.
Die photochemische Reduktion von Dodecin war auch möglich, wenn
zusätzliche Moleküle wie organische Farbstoffe oder DNA
kovalent an die Flavinsubstruktur der Liganden angebunden
waren. Durch diese Arbeiten wurde ein lichtgesteuertes
molekulares Transportsystem auf Proteinbasis realisiert.
Wirkstoffe oder andere Moleküle von Interesse können an Flavine
angebunden und von Dodecin komplexiert werden. Belichtung mit
Blaulicht in Gegenwart von EDTA führt zur photochemischen
Freisetzung der Flavin-Wirkstoffliganden. Diese Arbeit wurde in
ChemBioChem veröffentlicht:
Blue-Light Triggered
Photorelease of Active Chemicals Captured by the Flavoprotein
Dodecin; G. Nöll, S. Trawöger, M. von Sanden-Flohe, B.
Dick and M. Grininger; ChemBioChem 2009; 10; 834-837.
Außerdem wurde eine kurze Abhandlung über den Unterschied
zwischen (elektro)chemischer und photochemischer Reduktion von
Flavoproteinen veröffentlicht:
Spectroscopic Investigation
of Flavoproteins: Mechanistic Differences between
(Electro)chemical and Photochemical Reduction and
Oxidation; G. Nöll, J. Photochem. Photobiol. A
2008, 200, 34-38.
Erhöhung der Empfindlichkeit von amperometrischen Biosensoren durch Verwendung von Kohlenstoffnanoröhren
(Kooperation mit Prof. Dr. Lo Gorton, Analytische Chemie,
Universität Lund, Schweden und Dr. Roland Ludwig,
Kompetenzzentrum Angewandte Biokatalyse, Graz, Österreich)
Zur Herstellung von amperometrischen Biosensoren können
Redoxenzyme in Osmiumredoxpolymerhydrogele2
eingebettet werden. Die Redoxenzyme katalysieren die
spezifische Oxidation eines bestimmten Substrates. Dabei werden
Elektronen vom Substrat auf das Enzym übertragen. Der weitere
Transport der Elektronen vom Enzym zur Elektrode wird von den
Os-Redoxzentren übernommen, die als Redoxmediator wirken. Man
spricht von mediatorvermitteltem Elektronentransfer
(MET).2, 3 Manche Enzyme wie z. B. Cellobiose
Dehydrogenase4 sind auch in der Lage, die Elektronen
direkt an die Elektrode weiterzugeben. In diesem Fall spricht
man von direktem Elektronentransfer (DET).5 Durch
Messung der Anzahl der übertragenen Elektronen (Ladung) oder
des katalytischen Stroms (Ladung pro Zeit) kann die
Substratkonzentration bestimmt werden.
Einwandige Kohlenstoffnanoröhren wurden oxidativ gekürzt und
chromatographisch in Fraktionen mit unterschiedlicher Länge
aufgetrennt. Die oxidativ gekürzten und aufgereinigten
Kohlenstoffnanoröhren konnten genutzt werden, um die
Empfindlichkeit von amperometrischen Biosensoren zu erhöhen. In
Gegenwart der Kohlenstoffnanoröhren konnte der katalytische
Strom für MET und für DET um bis zu einer Größenordnung
gesteigert werden. Eine erste Arbeit, in der das Flavoenzym
Diaphorase verwendet wurde, um einen amperometrischen
NADH-Biosensor zu entwickeln, wurde in Biosensors & Bioelectronics
publiziert:
„Increasing Amperometric Biosensor Sensitivity by Length Fractionated Single-Walled Carbon Nanotubes“ F. Tasca, L. Gorton, J. B. Wagner, and G. Nöll; Biosens. Bioelectron. 2008; 24; 272-278.
Die Fähigkeit von Diaphorase, die Oxidation von NADH zu
katalysieren, ist nicht nur für die Entwicklung von
NADH-Biosensoren von Bedeutung. Viele NAD+-reduzierende
Dehydrogenasen (wie zum Beispiel Alkoholdehydrogenase oder
Lactatdehydrogenase) katalysieren die Oxidation eines
Substrates (Alkohol oder Lactat) und verwenden die dabei
gewonnenen Elektronen zur Reduktion von NAD+ zu NADH. Durch
Kombination NAD+-reduzierender Dehydrogenasen mit
NADH-oxidierenden Enzymen wie Diaphorase können Biosensoren für
viele verschiedene Substrate entwickelt werden. In Kooperation
mit Eric Patridge und Prof. James Ferry, Pennsylvania State
University, USA, wurde das NADH-oxidierende Flavoenzym WrbA6
spektroelektrochemisch charakterisiert und im Hinblick auf
mögliche Anwendungen in amperometrischen Biosensoren alternativ
zu Diaphorase untersucht. Dabei hat sich gezeigt, daß besonders
WrbA von Archaeoglobus
fulgidus für amperometrische Biosensoren geeignet ist
und dabei eine Empfindlichkeit ähnlich der bei Verwendung von
Diaphorase erreicht werden kann. Diese Ergebnisse wurden in
Analytical Chemistry publiziert:
WrbA from Escherichia
coli and Archaeoglobus
fulgidus as new catalysts for NADH dependent
amperometric biosensors and biofuel cells; M. N. Zafar, F.
Tasca, L. Gorton, E. V. Patridge, J. G. Ferry, and G. Nöll;
Anal. Chem. 2009; 81;
4082-4088.
Entwicklung von Anoden für Biobrennstoffzellen
(Kooperation mit Prof. Dr. Lo Gorton, Analytische Chemie,
Universität Lund, Schweden und Dr. Roland Ludwig,
Kompetenzzentrum Angewandte Biokatalyse, Graz, Österreich)
Redoxenzymmodifizierte Elektroden, die die Oxidation verschiedener Substrate katalysieren, können nicht nur als amperometrische Biosensoren sondern auch als Anoden in Biobrennstoffzellen eingesetzt werden. Biosensoren werden oft für den einmaligen Gebrauch hergestellt. Sie sollen möglichst billig sein und den schnellen und spezifischen Nachweis eines einzigen Substrates gewährleisten. Dagegen sollen Anoden, die in Biobrennstoffzellen verwendet werden, hohe Stromdichten erzielen und gleichzeitig über einen möglichst langen Zeitraum stabil arbeiten. Basierend auf dem zuckeroxidierenden Enzym Cellobiose Dehydrogenase wurden Anoden für Biobrennstoffzellen entwickelt. Die Stromdichte bzw. die Leistungsdichte der Brennstoffzellen wurde durch Verwendung von Kohlenstoffnanoröhren erhöht. Unterschiedliche Typen von Cellobiose Dehydrogenase wurden verwendet und in Bezug auf DET und MET verglichen. Als Substrate wurden Lactose, Cellobiose und Glucose verwendet. Unter anderem wurden Anoden für Biobrennstoffzellen entwickelt und getestet, die Glucose unter physiologischen Bedingungen oxidieren können. Dies ist besonders für die Entwicklung von miniaturisierten implantierbaren Biobrennstoffzellen von Bedeutung.3 Obwohl das Enzym Cellobiose Dehydrogenase seit mehr als 30 Jahren bekannt ist,7-9 wurde es in diesen Arbeiten zum ersten Mal zur Entwicklung von Anoden für Biobrennstoffzellen benutzt. Außerdem wurden cyclovoltammetrische Messungen durchgeführt, um Biobrennstoffzellen zu charakterisieren und um die Langzeitstabilität der Biobrennstoffzellen zu bestimmen. Die Cyclovoltammetrie stellt eine elegante Alternative zur sonst üblichen ungenaueren und weitaus umständlicheren Strom- und Spannungsmessung an einer Serie von Widerständen zur Charakterisierung von Biobrennstoffzellen dar. Folgende Arbeiten wurden veröffentlicht:
Direct Electron Transfer at Cellobiose Dehydrogenase Modified Anodes for Biofuel Cells; F. Tasca, L. Gorton, W. Harreither, D. Haltrich, R. Ludwig, and G. Nöll; J. Phys. Chem. C 2008, 112, 9956-9961;
Highly Efficient and
Versatile Anodes for Biofuel Cells based on Cellobiose
Dehydrogenase from Myriococcum thermophilum; F. Tasca,
L. Gorton, W. Harreither, D. Haltrich, R. Ludwig, and G. Nöll;
J. Phys. Chem. C 2008,
112, 13668-13673.
Comparison of Direct and
Mediated Electron Transfer for Cellobiose Dehydrogenase from
Phanerochaete sordida; F. Tasca, L. Gorton, W.
Harreither, D. Haltrich, R. Ludwig, and G. Nöll; Anal. Chem.
2009; 81; 2791-2798.
Ein Nachteil von enzymatischen Biobrennstoffzellen besteht
häufig darin, dass nur ein geringer Teil der in einem Substrat
gespeicherten Energie umgesetzt wird. Werden z. B. Glucose
Oxidase3 oder Cellobiose Dehydrogenase,4
die Zucker am C(1)-Kohlenstoffatom zu den entsprechenden
Lactonen oxidieren, als Katalysatoren verwendet, können
höchstens zwei Elektronen pro Substratmolekül zur
Stromerzeugung genutzt werden. Durch Kombination von Cellobiose
Dehydrogenase mit Pyranose Dehydrogenase10, einem
Enzym, das Glucose und andere Zucker am C(2) und teilweise auch
am C(3) Kohlenstoffatom oxidieren kann, wurde eine Anode für
Biobrennstoffzellen entwickelt, die bis zu sechs Elektronen aus
einem Substratmolekül gewinnen kann. Ein Manuskript zu dieser
Arbeit wurde bei Biosensors & Bioelectronics
veröffentlicht:
Increasing the Coulombic
Efficiency of Glucose Biofuel Cell Anodes by Combination
of Redox Enzymes; F. Tasca, L. Gorton, M. Kujawa, I.
Patel, W. Harreither, C. K. Peterbauer, R. Ludwig, and G. Nöll;
Biosens. Bioelectron. 2009; published online (doi:10.1016/j.bios.2009.12.017)
Die oben beschriebenen Projekte sollen an der Universität
Siegen weitergeführt werden. Außerdem ist geplant, die
Forschungsaktivitäten auf weitere Bereiche der Bioelektrochemie
auszudehnen.
Literatur
(1) Grininger, M.; Zeth, K.; Oesterhelt, D.
J. Mol. Biol.
2006, 357, 842-857.
(2) Heller, A. Curr. Opin. Chem. Biol.
2006, 10, 664-672.
(3) Heller, A. Phys. Chem. Chem. Phys.
2004, 6, 209-216.
(4) Harreither, W.; Coman, V.; Ludwig, R.;
Haltrich, D.; Gorton, L. Electroanalysis 2007, 19, 172-180.
(5) Léger, C.; Bertrand, P. Chem. Rev. 2008, 108, 2379-2438.
(6) Patridge, E. V.; Ferry, J. G.
J. Bacteriol.
2006, 188, 3498-3506.
(7) Ayers, A. R.; Ayers, S. B.; Eriksson, K.
E. Eur. J. Biochem.
1978, 90, 171-181.
(8) Westermark, U.; Eriksson, K. E.
Acta Chem. Scand., Ser.
B 1974,
28, 209-214.
(9) Westermark, U.; Eriksson, K. E.
Acta Chem. Scand., Ser.
B 1974,
28, 204-208.
(10) Tasca, F.; Timur, S.; Ludwig, R.;
Haltrich, D.; Volc, J.; Antiochia, R.; Gorton, L. Electroanalysis 2007, 19, 294-302.